Wandern auf dem South West Coast Path: Von Cape Cornwall bis Land’s End
Wie viel Cornwall kann man in einer Woche erleben? Wenn man auf dem South West Coast Path wandert lautet die Antwort: Verdammt viel! Von Land’s End hatte ich als Highlight des Cornwall Urlaubs allerdings nicht nur Gutes gehört und so beschlossen wir, dorthin zu wandern und mal wieder die Küste zu genießen. Selbst wenn der westlichste Punkt Englands dann nicht so spektakulär sein sollte, hatten wir wenigstens die schöne Landschaft vorab in Ruhe genossen.
Start der Wanderung am Cape Cornwall bei St. Just
Ja, so hatten wir und das vorgestellt, als wir mit dem Auto nach St. Just fahren, wo sich ein kostenloser Parkplatz befindet. Im Ort selbst kann man sich hervorragend mit Wanderproviant bei Warren’s versorgen. Hier gibt es auch Millionaire’s Shortbread! Vom Zentrum geht es durch den Ort und über kleine Straßen direkt bis zur Küste und zum Cape Cornwall. Als erstes kommen allerdings die Ruinen von Kenidjack Cliff Castle in Sicht, bevor dann auch der Turm des Kaps auftaucht.
Früher dachte man, dass hier der westlichste Punkt Englands sei, aber das wurde mittlerweile widerlegt. Trotzdem ein guter Ausgangspunkt für unsere Wanderung! Wir haben allerdings noch keinen Fuße auf den South West Coast Path gesetzt, als wir ein paar neonbunte Schilder sehen. Was mag das sein? Nun, die Neugierde ist nicht zu groß und so ignorieren wir die Hinweise. Stattdessen geht es weiter Richtung Kap. Doch bevor wir mit dem Aufstieg beginnen können, müssen wir an einem Parkplatz vorbei.
Als ich an ihnen vorbeigehe, brechen sie in Jubel aus, klatschen und rufen laut: “Well done!” Ich bin zutiefst irritiert, versuche stotternd zu erklären, dass ich doch gerade erst losgegangen bin und gar nichts geleistet habe, was solchen Beifall verdienen würde, als links an mir ein Jogger vorbeizischt. Diesem galt offensichtlich der Applaus! Und es handelt sich auch nicht um einen Jogger, sondern einen Trailrunner. Was genau es damit auf sich hat, werden wir im Laufe des Tages noch erfahren.
Jetzt geht es aber erstmal ans Cape Cornwall. Der Turm, der hier steht, ist ein Schornstein, der symbolisch für die traditionelle Bergbaugeschichte der Region steht. Aufgestellt würde er von der Firma Heinz, die auch Ketchup herstellt. Sie hat das Denkmal 1987 anlässlich ihres hundertjährigen Jubiläums gestiftet.
Auf nach Land’s End! Das Rat Race und wir
Von hier geht es endlich wieder auf den South West Coast Path, das Meer zur Rechten, Land’s End schon im Blick. Als erstes passieren wir allerdings eine Art Erfrischungsstand und wieder pesen mehrere Läufer an uns vorbei. So langsam dämmert es uns. Man kann es so oder so sehen: Wenn man auf ein bisschen Unterhaltung, lustige Sprüche und viele Begegnungen aus ist, haben wir uns das beste Wochenende rausgesucht, um diesen Abschnitt des Küstenpfades zu laufen.
Wenn man allerdings eigentlich ganz in Ruhe und allein die Schönheit des Weges genießen will, dann ist dieser Tag der denkbar schlechteste. Denn heute findet das Rat Race “Man vs. Coast” statt. Die Läufer starten am frühen Morgen an der Südküste Cornwalls, durchqueren die Landspitze, treffen im Norden wieder auf die Küste und laufen weiter bis Land’s End. Die Marathon-Strecke wird mit Hindernissen und Sprüngen ins Meer noch erschwert.
Jetzt muss man wissen, dass man auf dem South West Coast Path nur selten nebeneinander gehen kann. In der Regel handelt es sich um einen wunderschönen, schmalen Trampelpfad, den man am besten hintereinander wandert. Nach 10 Minuten an diesem Tag wissen wir: Der ständige Blick nach hinten wird heute zur Gewohnheit, genauso das blitzschnelle Ausweichen auf Steine und in Büsche, um die Läufer in ihren verschiedenen Stadien der Erschöpfung vorbeizulassen.
Ich grummele etwas vor mich hin, aber meine Ma hat Spaß an dem bunten Treiben, grüßt die Läufer und feuert sie an. Und irgendwann arrangiere auch ich mich damit. Schließlich ist der Küstenpfad auch auf diesem Abschnitt mal wieder wunderschön und atemberaubend. Das mediterrane Feeling, dass einen in Cornwall immer wieder überkommt, hat auch hier seinen Auftritt: Vor uns taucht ein lila blühendes Feld mit einer Trockensteinmauer auf, dass mich sofort an die Lavendelfelder der Provence denken lässt. Das Handy meiner Ma verrät aber, dass es sich um Natternkopf handelt.
An der Küste entlang nach Sennen Cove
Im Gegensatz zu unseren Wanderungen von Tintagel nach Boscastle und von Newquay zu den Bedruthan Steps verläuft der Pfad hier nicht AUF, sondern mehr AN der Küste. Das heißt, er schlängelt sich, wie in deren hier sanftere Flanke geritzt, an den Klippen entlang. Das ist eine schöne Abwechslung und auch Erholung, denn so halten sich Steigung und Abstiege in überschaubaren Grenzen.
Bald kommen die Strände in Sicht, zuerst Gwynver Beach, dann die lang gezogene Sennen Cove. Hier tobt das Leben, die Läufer müssen sich auf dem Strand ihren Weg zwischen badenden Familien, Surfern und anderen Wassersportlern suchen und sich schließlich selbst in die Fluten des Atlantiks stürzen. Wir nehmen den etwas weniger anstrengenden Weg über die Straße und schauen lieber nur zu.
In Sennen Cove kann man sich nochmal erfrischen, den Getränkeproviant auffrischen und durchatmen, bevor der letzte Teil der Etappe kommt. Hier warten noch einige Sehenswürdigkeiten Cornwalls, die man nicht verpassen sollte. Es beginnt mit dem kleinen, alten Turm der Coast Gard, der hier einsam auf den Felsen thront und die Küste überblickt.
Must See auf dem Weg nach Land’s End: Das Wrack der RMS Mülheim
In der nächsten Bucht findet man dann mein Highlight der Wanderung: Die Reste des Wracks der RMS Mühlheim, die hier am Mayon Cliff ruhen. Das Schiff, das 1999 vom Stapel lief, fuhr für die Reederei “Rhein-, Maas- und See-Schifffahrtskontor” aus Duisburg. 2003 geriet das Schiff vor der Küste Cornwalls in Seenot und riss sich den Rumpf auf. Es wurde an die Küste gespült, wo heute nur noch das Heck zu sehen ist. Auf einer Tafel steht, dass das Unglück durch eine Bewusstlosigkeit des Kapitäns ausgelöst wurde.
Glücklicherweise konnte die Besatzung per Helikopter gerettet werden, für die Umwelt war der auslaufende Treibstoff und die fortgeschwemmte Ladung allerdings eine Katastrophe. Und trotzdem kann ich mich der Faszination des ganzen nicht entziehen. So geht es mir immer mit Schiffswracks. da bin ich in Cornwall übrigens goldrichtig, denn hier gibt es hunderte solcher Geschichten.
Maen Castle und Land’s End
Wir legen eine letzte Pause bei den Überresten von Maen Castle ein. Auf diesem Klippenausläufer ist es herrlich ruhig, denn hier kommen die Läufer nicht entlang. Der weiche Boden federt, die Möwen kreischen und die Sonne wärmt die bloße Haut.
Wir genießen die Aussicht und laufen dann die letzten Meter bis zum berühmten Ende der englischen Insel. Wir laufen nach Land’s End. Kurz vorher stoßen wir allerdings noch auf das erste und letzte gasthaus des Landes.
Natürlich sind wir weder auf dem Weg, noch am Ziel selbst allein, doch im Gegensatz zu meinen Befürchtungen ist der Wegweiser nicht dicht umdrängt von Menschen, die ein Foto machen wollen und so haben auch wir eine Chance dazu. Diese wird genutzt und dann schauen wir uns ein bisschen um. Ich hatte, wie zu Anfang geschrieben, viel schlechtes über diese Touristenattraktion gelesen.
So bin ich doch positiv überrascht: Der Ort ist ganz nett gemacht, es gibt Sitz- und Verpflegungsmöglichkeiten und Toiletten. Allerdings muss ich auch sagen, ich finde ihn nicht nett genug, um hier einfach nur mit dem Auto hinzufahren und Zeit zu verbringen. Da habe ich auf unseren Wanderungen bisher spektakulärere Küstenabschnitte von Cornwall gesehen! Hat man sich Land’s End aber als Ziel erwandert, ist es schön, von hier auf’s Meer zu schauen, im Wissen, das als nächstes mehr oder weniger Amerika kommt.
PS: Für 3 £ pro Person bringt einen der Bus von hier schnell zurück zum Parkplatz von St. Just!