Willkommen in Longyearbyen, willkommen auf Spitzbergen!

Meine Reise als Expertin auf einem Kreuzfahrtschiff

Touchdown Longyearbyen, Spitzbergen, Arktischer Ozean. Die gecharterte Maschine von Air Edelweiss setzt auf dem Rollfeld auf, mitten im Nirgendwo, auf dem nördlichsten Zivilflughafen der Welt. Ich blicke mich um und weiß, dass all die Menschen, die jetzt von Bord gehen, das gleiche Ziel haben wie ich. Ein Schiff, das hier im Hafen liegt und auf dem ich die nächsten Wochen leben und arbeiten werde.

Es ist ein bisschen wie vor 11 Jahren, als ich nach Finnland gereist bin um dort einen Winter lang Schlittenhunde zu trainieren. Ich kenne niemanden, ich kenne die Unterkunft nicht und ich habe nicht wirklich eine Ahnung, wie mein Arbeitsalltag aussehen wird. Könnte man sich jetzt Gedanken drüber machen. Oder man sagt sich: Könnte gut werden!

Arbeit als wissenschaftliche Expertin

Am Flughafen von Longyearbyen gibt es nur ein Gepäckband und hier komme ich mit meinen ersten Kolleg:innen ins Gespräch. Den anderen wissenschaftlichen Expert:innen und den Eisbärwächtern, die gerade ihre Waffenkoffer ausgehändigt bekommen. Zusammen bilden wir das Expeditionsteam der HANSEATIC inspiration, einem kleinen Kreuzfahrtschiff von Hapag Llyod Cruises, das in den kommenden Wochen zweimal das Spitzbergen-Archipel umrunden wird. An Bord etwa 200 Gäste, zum Teil erfahrene Polarhasen, zum Teil Arktis-Neulinge. Unsere Aufgabe wird es sein, diese Gäste zu betreuen.

Das bedeutet, wir begleiten die Landgänge, sichern das Gelände, beantworten Fragen zu unseren jeweiligen Spezialgebieten (Geschichte, Biologie, Geologie, Geophysik), führen Zodiac-Touren, bereiten sogenannte Recaps vor (kurze Präsentationen, die den Tag zusammenfassen), sind bei den Events an Bord vor Ort und halten wissenschaftliche Vorträge.

Das sind die Aufgaben, die die Passagiere sehen. Hinter den Kulissen spielt sich aber natürlich noch einiges mehr ab, Meetings, Briefings, Drills, Sicherheitstests. Glasen von der Brücke, um die Eisbärenwächter zu unterstützen usw.

Longyearbyen, Spitzbergens Hauptstadt

Gut, dass wir im Land der Mitternachtssonne sind, sonst hätte der Tag wohl zu wenig Stunden. Mein Koffer taucht als einer der letzten auf und ich schnappe ihn mir und folge den anderen hinaus, wo schon die Busse warten. Da gerade erst die letzte Ladung Passagiere verabschiedet wurde, müssen wir noch ein bisschen warten, bis wir an Bord gehen können.

Damit es nicht zu langweilig wird, dürfen wir eine kleine Bustour durch Longyearbyen machen. Früher hieß die Stadt Longyear-City, benannt nach einem amerikanischen Unternehmer, der hier Kohle abbauen ließ. Seit dem Spitzbergen-Vertrag von 1920 (in Kraft getreten 1925) gehört die Inselgruppe zu Norwegen. Im englischen und norwegischen wird sie Svalbard genannt.

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Es gibt hier keine indigene Bevölkerung, was aber leider nicht bedeutet, dass diese Region nicht auch unter Menschen zu leiden hatte. Schon im 17. Jahrhundert entwickelten sich die Gewässer um die Insel zu einem absoluten Hotspot für Walfänger, die den hier heimischen Grönlandwal praktisch ausrotteten. Der Adventfjord, in dem Longyearbyen liegt, hat auch nichts mit fröhlicher Vorweihnachtszeit zu tun, sondern wurde wahrscheinlich nach einem Walfängerschiff, der Adventure benannt.

Aber halt.

Der Saatgut-Tresor

Ich bin schon voll im Expertinnen-Modus! Dabei bin ich doch noch gar nicht im Dienst und kann erstmal selbst ein bisschen Touristin sein. Der Weg unseres Busses führt uns am Saatgut-Tresor vorbei, leider zu schnell, um ein Foto zu machen. Der Saatgut-Tresor auf Spitzbergen, offiziell bekannt als der Svalbard Global Seed Vault, ist eine unterirdische Anlage und dient als globales Lager für Saatgutproben aus aller Welt und wird oft als “Doomsday Vault” bezeichnet.

Der Tresor wurde 2008 eröffnet und soll dazu beitragen, die Artenvielfalt der Pflanzenwelt zu bewahren, insbesondere im Falle von Katastrophen wie Kriegen, Naturkatastrophen oder dem Klimawandel. Er bietet eine Sicherheitskopie für Saatgutbanken weltweit, um die genetische Vielfalt von Nutzpflanzen zu schützen.

Der Standort auf Spitzbergen wurde aufgrund seiner geologischen Stabilität und der ganzjährig kühlen Temperaturen gewählt, die helfen, das Saatgut auch ohne ständige Kühlung zu erhalten. Der Tresor befindet sich etwa 120 Meter tief im Inneren eines Berges und ist so konzipiert, dass er selbst im Falle von Stromausfällen oder anderen technischen Störungen die Samen über lange Zeiträume hinweg schützen kann.

Ganz schön beeindruckend. Da sind die Fotos, die man im Internet findet auch. Das Ding sieht MONUMENTAL aus. In Wahrheit ist der Eingang recht winzig und, wenn man sich nicht auf den Boden davor legt, perspektivisch recht unspektakulär.

Gjedler hele Svalbard – Das Eisbären-Warnschild

Weiter geht unsere Fahrt zum nächsten Highlight: Dem Eisbärenschild. Auch ich hab hier, bei meinem ersten Spitzbergen-Aufenthalt 2017, das obligatorische Foto gemacht. Damals allerdings in der langen Dunkelheit der Polarnacht.

Ich warte geduldig für ein Auffrischungsfoto an die Reihe zu kommen, als plötzlich das Interesse der Passagiere abgelenkt wird. Die Straße kommt ein Hundegespann herauf, dass eine Frau auf einer Karre zieht. Alle stürzen sich begeistert auf das neue Fotomotiv. Sieht man zu Hause ja schließlich nicht alle Tage.

Doch die Hundetrainerin is not amused. Sie ruft laut auf englisch, dass sie keine Fotos möchte, und als das nicht alle sofort verstehen, beginnt sie laut zu fluchen und die Leute zu beschimpfen. Einerseits kann ich sie verstehen, andererseits…hätte man das auch anders lösen können. Ich hoffe nur, dass es die Gäste nicht zu sehr geschockt hat.

Sieh an, denke ich, und muss grinsen. Ich fühle mich bereits dafür verantwortlich, dass die Passagiere hier oben eine gute Zeit haben und das noch bevor wir überhaupt an Bord gegangen sind. Und als mein Blick auf das Straßenschild fällt, kann ich mir ein Kichern nicht verkneifen. Wir wollen es doch hoffen!

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