Kanada & Alaska: Über den Top of the World Highway nach Chicken und Tok
Nachdem es von Inuvik mit dem Propellerflugzeug zurück nach Dawson ging, heißt es an diesem Morgen: Endlich auf nach Alaska! Über den berühmten Top of the World Highway wollen wir fahren und uns von Kanada in die USA begeben.
Da die Straße, die wir nach Dawson genommen haben, dort endet, setzen wir mit einer kostenlosen Fähre über den Yukon. Hier beginnt der Top of the World Highway, einer der spektakulärsten Streckenabschnitte unserer Reise. Sagt zumindest unser Reiseführer. Ich selber kann das jetzt nicht unbedingt behaupten, da ich etwa 10 Meter weit sehen kann. Über der Bergkette liegt nämlich Nebel. Leider. Und so dauert es nicht lange, bis mir die Augen zufallen und ich den spektakulären Highway verpenne.
An dieser Stelle gebe ich gerne zu, dass der erste Teil des Titels dieses Artikels eher darauf ausgelegt ist, suchmaschinenauffindbar zu sein, als wirklich den Inhalt zu beschreiben. Ich hoffe, man sieht es mir nach. Apropos Nachsicht…Die hat man an der US-amerikanischen Grenze nicht zu erwarten. Und zwar nicht nur, wenn man von Süden kommt, sondern auch, wenn man aus Kanada einreist.
Strenge Grenzkontrolle: Wir reisen in die USA ein
Pünktlich zur Grenzkontrolle öffne ich nämlich meine verschlafenen Äuglein und blicke in das Antlitz eines mürrischen Grenzers. Unsere Pässe, aber schnell! Ich krame in meinem Rucksack, der neben mir liegt. Die Rucksäcke meiner Tante und meines Onkels sind im Kofferraum. Schwerer Fehler. Meine Tante will aussteigen, um sie zu holen, das gefällt dem Officer aber gar nicht. Wahrscheinlich ist an diesem öden Grenzposten den ganzen Tag niemand vorbei gekommen und jetzt sieht er seine Chance auf ein bisschen Action.
“STOP! What do you think you are doing?! Stay in the car! Stay in the car!!!” schreit er meine völlig verschreckte Tante an. Ich glaube sogar, seine Hand zuckt zur Waffe. Heieiei, nicht, dass wir als mutmaßliche Terroristen erschossen werden! “I’ll get them, I’ll get them, don’t worry. They are in the trunk, just one second!” rufe ich also nach vorne, während ich mich über die Rückbank in den Kofferraum fallen lasse.
Meine Tante und mein Onkel erhalten derweil eine Gardinenpredigt. Ob sie sich nicht auf den Grenzübertritt vorbereitet hätten? Da hätte doch gestanden, dass man die Pässe bereithalten solle! Und unter keinen Umständen dürfe man das Fahrzeug verlassen! Also wirklich, wie soll der arme Mann denn mit solchen Vollidioten wie uns seinen Job richtig machen?!
Kopfüber stecke ich zwischen den Rucksäcken, meinen Hintern in der Luft und wühle nach den Pässen. Endlich bekomme ich sie in die Finger und reiche sie nach vorne weiter. Der engagierte Schützer des US-amerikanischen Territoriums verschwindet damit in sein Kabuff und kurz darauf werden wir hektisch hereingewunken in dieses Allerheiligste.
Ich schaue mich um und mein Blick fällt auf eine Pinnwand voll mit Aufnähern, alle von verschiedenen Polizei- und Feuerwachen. Auch viele deutsche sind dabei. Irgendwie wirkt das Ganze nett und der freundliche zweite Grenzer, der im Kabuff sitzt, entspannt die Situation zusehends. Sieht so aus, als würden wir doch nicht festgenommen.
Chicken, Alaska: Huhn statt Schneehuhn
Nachdem wir fotografiert und mit unseren Fingerabdrücken registriert werden, müssen wir 18$ bezahlen und bekommen dann unsere Visa. Nun steht uns der rumpelige Taylor Highway nach Chicken offen! Chicken? Ja, Chicken! Welch wohlklingender Name für einen majestätischen Ort, mögt ihr denken. Aber wieso dieser klangvolle Titel? Ganz einfach: Eigentlich sollte der Ort Ptarmigan (=Schneehuhn) heißen. Bei diesem schönen Wort ist das “P” allerdings stumm und die Arbeiter, die den Taylor Highway anlegten, waren sich nicht sicher, wie man es schreibt. Pragmatisch wie sie waren dachten sie, Chicken tut es wohl auch.
Chicken hat im Sommer 27 und im Winter ganze 7 Einwohner. Wir sehen immerhin um die 5 davon, während wir die Sonne auf dem Schotterplatz vor dem Roadhouse genießen und uns damit in Chickens Zentrum befinden. Mitten auf dem Platz thront ein begrüntes Rondell mit riesigen Metallhühnern. Take pride in your name und so!
Elch in Sicht!
Alaska gefällt mir bereits ausnehmend gut und kurz nach Chicken haben wir dann auch die erste und leider einzige Elchbegegnung unserer Reise. Es scheint, wie bei dem ersten Bären, Glück zu bringen, wenn ich am Steuer sitze, denn kaum dass ich fahre, stoßen wir auf einen Trupp am Straßenrand haltender Fahrzeuge. Und das heißt hier oben eigentlich immer: Tier! Wir halten an und erfahren, dass sich im Birkenwäldchen neben dem Highway zwei Elche tummeln. Ich klettere auf das Dach unseres Wagens und spähe angestrengt ins Gebüsch! Da! Es wackelt! Und ich sehe ein langes, braunes Ohr! Könnte jetzt auch alles andere sein, aber mein Herz glaubt an den Elch!
Tok: Welthauptstadt der Schlittenhunde
Nach weiteren 100 Meilen mit bestem Wetter und einer nun asphaltierten Straße, gelangen wir nach Tok. Hierzu hat der Reiseführer verkündet, dass es sich um die Welthauptstadt der Schlittenhunde handele. Dementsprechend hohe Erwartungen habe ich, als wir nach Tok hineinfahren. Ich gucke und gucke und zack. Wir sind raus aus Tok. Oh. Das war ein kurzes Vergnügen.
Bei Tok handelt es sich eher um eine Ansammlung von Motels und Campingplätzen entlang der Straße. Einen Ortskern oder ähnliches sucht man vergeblich. Leider auch die Schlittenhunde. Die sind wohl alle noch im Sommerurlaub.
Gleiches gilt für unsere Gastgeber der heutigen Nacht, denn als wir an unserer Unterkunft ankommen, ist niemand da. Auf einem Schild vor dem Haupthaus stehen allerdings unsere Namen und hinter jedem Namen ist eine Hütte notiert. Meine nennt sich Fireweed Cabin und ich mache es mir in der Blockhütte gemütlich.
Das Abendessen nehmen wir “Downtown” ein, ganz stilvoll in Fast Eddy’s Restaurant. Vorher schnobere ich aber noch durch den Burnt Paw Store und entdecke da zu meiner Überraschung die Trophäe der Reise. Ich wollte mir unbedingt ein Ulu besorgen, das Messer der Inuitfrauen, hatte bisher aber ziemliches Pech. Und im Burnt Paw Store, in einer Glasvitrine wartet es auf mich. Handgeschnitzt aus Diamond Willow von Wayne Hunt, einem ortsansässigen Künstler.
Zurück in der Hütte kann ich kaum die Finger davon lassen und strahle vor Glück. Die Reaktion meines Freundes auf das WhatsApp-Bild: Das ist aber ein schöner Käsehobel!