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Im Kajak unterwegs vor Grönland – Kleiner Kajak-Guide

Kajak fahren – Das ist die Möglichkeit, neue Orte hautnah zu erkunden, Landschaften aus einer spannenden Perspektive zu sehen, körperlich aktiv zu sein und ein richtiges Abenteuer zu erleben. Kajak fahren, das geht auf fast allen Gewässern, auf Flüssen und Seen und natürlich auch auf dem Meer. In sogenannten Seekajaks entlang der felsigen Küsten Grönlands, hinein in schneebedeckte Fjorde und hindurch zwischen schimmernden Eisbergen – ein Traum, der für mich wahrgeworden ist.

Der Kajak-Club der MV Sea Spirit – Was ist das?

Als klar war, dass wir mit der MV Sea Spirit nach Westgrönland reisen, da war uns auch klar, dass wir ein besonderes Angebot vom Reiseveranstalter (Poseidon Expeditions) in Anspruch nehmen möchten: Den Kajak-Club!

Ich gebe zu, erst waren wir ein bisschen skeptisch. Denn der Kajak-Club kostet eine ganze Menge Geld. Dabei geht es aber nicht um einen einzelnen Ausflug während der Reise. Sondern man tritt dem Club für die gesamte Dauer bei und bekommt dann immer wieder die Möglichkeit, das arktische Meer mit dem Kajak hautnah zu erleben. So relativiert sich der hohe Preis auch etwas.

Wann genau man mit den Kajaks hinausfährt, das kann der Reiseveranstalter vorab nicht sagen oder garantieren. Denn auf einer Expeditionskreuzfahrt gilt: Alle Pläne können nur dann durchgeführt werden, wenn das Wetter es zulässt! Wir haben uns trotzdem entschieden, dem exklusiven Club beizutreten, denn tatsächlich können auf Arktis-Reisen maximal 8 Passagiere Teil dieses Abenteuers werden. (In der Antarktis maximal 16).

Wir hatten großes Glück und haben beide noch einen Platz ergattern können und nun möchte ich euch zeigen, warum wir diese Entscheidung und Investition keine Sekunde bereut haben, wie das Ganze abläuft, was es zu beachten gilt und warum wir fast jeden Tag Once-in-a-lifetime-Erlebnisse hatten.

Mit Seekajaks vor der Küste Grönlands – Was ist ein Kajak überhaupt?

Kajak, das Wort habe ich jetzt schon oft geschrieben. Weiß eigentlich jeder, was das ist? Das Kajak ist eine Erfindung der Inuit, also der indigenen Völker des Nordens und wurde ursprünglich zur Jagd und zum Fischfang eingesetzt. Der Name stammt aus dem Inuktitut, der Sprache der Inuit, und wird eigentlich „qajaq“ geschrieben.

Bei den Booten der Inuit handelte es sich stets um Ein-Mann-Kajaks, die speziell für die jeweilige Person angefertigt wurden. Der Rahmen bestand aus Holz oder Knochen und wurde mit Robbenhaut bespannt, denn Bäume gibt es hier oben in der Arktis so gut wie gar nicht. Dementsprechend auch kein Holz für den Bootsbau. Die Robbenhaut wurde mit Sehnen vernäht. Diese dehnen sich aus, wenn sie nass werden und verschließen so die Nahtlöcher. Das Ergebnis: Ein dichtes Kajak!

Anders als beispielsweise beim Kanu sitzt man beim Kajakfahren nicht auf Boot und Wasser, sondern wirklich darin, man befindet sich also ganz nah an der Wasseroberfläche. Vorwärts bewegt man sich mit einem Doppelpaddel, das ein Blatt an jeder Seite hat, die abwechselnd eingetaucht werden. Ich finde das sehr viel angenehmer und intuitiver, als mit einem Stechpaddel oder mit Rudern unterwegs zu sein.

Kajaks sind schnell und wendig, das gilt auch für die abgerundeten Tourenkajaks, die auf Seen und Flüssen eingesetzt werden. Da wir aber im offenen Meer unterwegs sein werden, nutzen wir die längeren, spitz zulaufenden und noch schnelleren Seekajaks mit zwei Sitzplätzen.

Mit Seekajak in arktischen Gewässern – Die Ausrüstung

Da das Meer vor Grönlands Küste bekannterweise recht frisch ist, fahren wir immer nur in sogenannten Dry-Suits, also in Trockenanzügen raus. Das bedeutet, man braucht ein bisschen Vorbereitungszeit und kann nicht einfach frohgemut in die Kajaks hüpfen. Denn in die Trockenanzüge muss man sich regelrecht hineinschlängeln, dafür sorgen Gummimanschatten an den Armen und ein eng sitzender Neoprenkragen am Hals.

Ganz wichtig: Nach jedem Gebrauch muss man das Salzwasser aus dem Trockenanzug entfernen, damit es das Material nicht angreift. Dazu gibt es eine ganz einfache Methode: Duschen! 😀

Wenn man den Trockenanzug anhat, fühlt man sich wie eine Mischung aus Astronaut und Pinguin, dazu kommen noch Neoprenstiefel, die Rettungsweste und der Spritzschutz. Letzterer sorgt dafür, dass die Sitzöffnung im Kajak fest verschlossen wird und so kein Wasser, das vom Paddel tropft oder über den Rand schwappt, ins Innere des Boots gelangt.

Außerdem gehören zur Ausrüstung sogenannte Neoprenpfötchen, eine Art Fäustlinge aus Neopren, die am Paddel festgeklettet werden und den Händen Schutz vor Nässe und Kälte bieten.

Was man beim Seekajak fahren außerdem immer dabei haben sollte? Ein zweites paar trockene und vor allem trocken verstaute Handschuhe, eine Sonnenbrille, eine Kopfbedeckung und natürlich ein Gerät, mit dem man die absolut faszinierende Landschaft fotografieren kann. Achtung: Hier eignen sich wasserdichte Action-Cam oder Handy besser als eine große Kamera. Für letztere hat man eigentlich weder Platz noch Zeit, zumindest, wenn man auf einer geführten Tour ist.

Zusatz-Tipp: Mir hat das Neopren des Anzugs sehr am Hals gescheuert, gerade, wenn es nass wurde, weil es geregnet hat. Daher habe ich immer noch einen weichen Buff darunter angezogen, der die Haut am Hals schützt.

Wie steige ich in ein Seekajak ein und was gilt es zu beachten?

Die Kajaks sind an Deck unseres Expeditionsschiffes, der MV Sea Spirit verstaut. Wenn Eis, Wind und Wellen einen Ausflug zulassen, werden die Boote abgenommen und wie eine kleine Kette Entenbabys, die ihrer Mutter folgen, an eines der großen schwarzen Schlauchboote, der Zodiacs, gebunden.

In das steigen dann alle Mitglieder des Kajak-Clubs ein. Es sind immer zwei Guides dabei, unsere Lehrerin Eloisa und unser Lehrer Eduardo, beide stammen aus Südamerika, sind passionierte Kajak-FahrerInnen und echte ExpertInnen.

Sind wir an der Stelle angekommen, an der wir kajaken möchten, begeben wir uns nach und nach in die Boote. Diese werden dazu längsseits ans Schlauchboot geholt und man setzt sich auf dessen Rand. Dann positioniert man beide Füße gleichzeitig im Kajak, stemmt sich mit den Armen hoch und verlagert das Gewicht. Hintern in den Sitz und Beine im Inneren des Bootes ausstrecken. Dann wird der Spritzschutz angebracht.

Rechts und links im Innern des Kajaks befinden sich Fußrasten, beziehungsweise am hinteren Platz Pedale, mit denen man das Seekajak über Zugleinen und ein kleines Ruder steuern kann. Die Rasten und Pedale müssen vor Fahrtantritt auf die Beinlänge der jeweiligen Person eingestellt werden, sonst wird es ungemütlich.

Oder, wie im Fall von Renate, unserer 81-jährigen Powerfrau im Club: unmöglich. Ihre Beine sind schlicht nicht lang genug, um an die Steuerpedale zu reichen, weshalb sie immer vorne sitzen und ihre Mitfahrerin Suzzy steuern muss.

Da ich ab und zu Fotos machen möchte ist schnell entschieden, dass ich bei uns vorne sitze. Eduardo stellt mir die Fußrasten ein. Im Kajak sitz man mit zum O geöffneten, also nach außen fallenden Beinen. Die Knie werden unterhalb des Randes eingeklemmt. So hat man mehrere Berührungspunkte und maximale Stabilität auf dem Wasser.

Seekajak fahren – So geht es

Sitzt man einmal drin im Kajak, möchte man ja auch voran kommen. Das ist auf glatter See logischerweise deutlich einfacher, als bei Gegenwind und Wellen, aber auch die gehören beim Kajakfahren auf offenem Meer natürlich dazu.

Grundsätzlich haben wir gelernt, dass man das Paddel so hält, als hätte man zwischen Paddel und Körper eine große Pizzabox auf dem Schoß. Und die soll möglichst nicht gequetscht werden, damit die Pizza genießbar bleibt. Scherz beiseite: Das ist eine Hilfe, damit man nicht versucht, die Kraft zum Paddeln aus den Armen zu holen, sondern aus dem Rücken. Da soll sie nämlich herkommen, sonst wird es schnell ermüdend und schmerzhaft. Also gilt es, bei der Paddelbewegung den gesamten Oberkörper zu drehen.

Beim Paddeln sollte man darauf achten, das Paddel nicht zu hoch zu heben, die Faust am Paddel soll maximal auf Kinnhöhe kommen. Denn sonst läuft das kalte Wasser das Paddel entlang und auch in die Handschuhe, was man natürlich möglichst vermeiden möchte.

Wichtig ist, dass man im Gleichschlag paddelt. Auf den entstandenen Fotos können mein Verlobter und ich sehen, dass wir das nur selten hinbekommen. Trotzdem schaffen wir es, das Kajak in Fahrt zu setzen und auch die Navigation klappt ganz gut. Da der Hintermann natürlich keine freie Sicht hat, sollte man als Vorderfrau sagen, wenn man beispielsweise auf einen kleineren Eisberg zusteuert.

Ein „Oh!“ ist allerdings nicht ausreichend, wie ich feststellen musste. „Anuschka, sag nicht einfach OH! Sag mir, was da ist und in welche Richtung ich ausweichen soll!“ Tja, hat er ja nicht ganz Unrecht. Aber ich war einfach viel zu fasziniert! Eis, Da! Direkt vor uns im Wasser! Womit wir jetzt endlich auch mal zur Kajak-Action kommen!

Erster Ausflug im Seekajak am Kap Farvel

Ich möchte euch noch von mehreren Abenteuern im Seekajak erzählen, aber da dieser Artikel schon recht lang ist, gibt es heute erstmal eine Kostprobe: Unser allererstes Kajak-Abenteuer vor der Küste Westgrönlands! Genauer gesagt: Unser erster Ausflug überhaupt, denn nach der Überfahrt von Island nach Grönland gehen wir hier zum ersten mal von Bord.

Nahe der schroffen, felsigen Küste besteigen wir unsere insgesamt 5 Kajaks und legen los. Wir folgen Elo, die uns durch die kleinen Eisberge und Schollen navigiert. Denn dieses Jahr hat es hier unten, am Südzipfel Grönlands, erstaunlich viel Eis.

Das Paddeln ist anstrengend, macht aber auch sehr viel Spaß und aufgrund der körperlichen Anstrengung muss man auch keine Angst vor der Kälte haben. Zuerst liegt dichter Nebel tief über der Küste, wie ein weißes Band aus Wasser. Wir alle müssen uns erst an das Kajakfahren gewöhnen, doch schnell lernen wir, was zu tun ist und die Kajaks gleiten durch die Wellen. Hinter uns wird die Sea Spirit immer kleiner.

Irgendwann bricht sogar die Sonne durch, lässt die Unterseiten der Eisberge türkis aufleuchten und die Felsen im waren Licht erglühen. Und wir wissen schon jetzt: Der Kajak-Club lohnt sich!

Disclaimer: Ich habe die Reise an Bord der Sea Spirit bei einem Wettbewerb gewonnen. Ich selbst musste also nichts für die Reise bezahlen, werde für meine Artikel aber auch nicht vom Reiseveranstalter bezahlt. Ich gebe hier meine eigene Meinung wieder.

Copyright: Viele der hier gezeigten Bilder wurden vom Bordfotograf Page Chichester, Kajak-Guide Eloisa Berrier oder Kajak-Guide Eduardo Larranaga aufgenommen.

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