Groenland-Qassiarsuk-Brattahlid-Kirche

Expeditionskreuzfahrt Grönland: Qassiarsuk und Erik der Rote

Wir sind unterwegs mit der Sea Spirit und erkunden die Westküste Grönlands! Nachdem wir schon am Kap Farvel mit den Kajaks unterwegs waren und Narsaq vom Wasser und zu Fuß kennengelernt haben, führt unser Abenteuer uns heute in das winzige Dorf Qassiarsuk.

Mit den Kajaks an der Küste vor Qassiarsuk

Warum gerade hierhin? Qassiarsuk gilt als der erste Orte, an dem die Wikinger in Grönland siedelten! Und bevor wir Fuß auf diesen historisch bedeutsamen Boden setzten, machen wir es genauso wie die Wikinger und nähern uns vom Wasser aus. Wir steigen in unsere Kajaks und gleiten die Küste entlang.

Eduardo, unser Guide, erklärt uns, welche verschiedenen Gesteinsarten wir hier sehen und warum sie zum Teil wie ineinandergeschoben wirken. Die See ist spiegelglatt, die Oberfläche wird nur von den stetig fallenden Regentropfen in Unruhe versetzt. So paddeln wir ruhig und gleichmäßig und gleiten doch recht schnell voran. Am hoch aufragenden Ufer grasen Schafe am Hang und immer wieder sehen wir auch kleine Lämmer.

Als wir umkehren und Kurs auf Qassiarsuk nehmen, entdecken wir sogar einen Polarfuchs, der sich auf flinken Pfoten seinen Weg durch das Geröll sucht. Sein Fell ist weiß-braun gescheckt, er befindet sich mitten im Wechsel von Winter- zu Sommergarderobe. Bevor wir am Strand von Qassiarsuk anlanden, drehen wir noch eine kleine Ehrenrunde um einen der Eisberge, der dort auf den Wellen dümpelt.

Kajak-Kayak-Guide-Groenland-Expedition-Eisberg

Brattahlid, die erste Siedlung der Wikinger in Grönland

Wir ziehen die Kajaks auf die Steine, befestigen die Spritzschutze, die wie Schürzen an uns herunterhängen, und machen uns auf, die Siedlung kennenzulernen. Auch heute leben hier noch Menschen, es sind aber nur sehr, sehr wenige: 63, um genau zu sein. Die meisten betreiben Schafzucht, wie wir ja schon mit eigenen Augen sehen konnten. Von denen gibt es auch ein paar mehr, nämlich 8.500.

Ansonsten ist Qassiarsuk im Vergleich zu Narsaq winzig und unbedeutend, wäre da nicht…ja, wäre da nicht Erik der Rote gewesen. Denn er hat hier um 985 die erste Siedlung der Wikinger gegründet, Brattahlid. Erik kam aus Norwegen und selbst dort sind die Bedingungen ja manchmal recht rau und unfreundlich. Man stellt sich die Frage, warum er meinte, dass gerade nach Grönland zu ziehen eine gute Idee gewesen sei.

Nun ja, Erik hatte was ausgefressen. Der Beiname „der Rote“ kommt nämlich nicht von ungefähr, er spielt auf das Blut an, mit dem der Herr sich besudelte, als er in Norwegen jemanden umbrachte. So musste er Norwegen hinter sich lassen und zog erst einmal nach Island. Aber auch dort konnte er es nicht lassen, beging wieder einen Mord und wurde verbannt.

Erik der Rote

So ließ der gute Erik Frau und Kinder zurück und machte sich auf, das große Land im Nordwesten zu erkunden, dass andere schon vor ihm gesichtet und davon berichtet hatten. Er fuhr drei Jahre lang die grönländische Küste auf und ab und aufgrund der eisigen Winter sah es manchmal gar nicht gut für ihn aus. Aber er überlebte, kehrte schließlich nach Island zurück und tat dort seine etwas verrückte Idee kund Grönland zu besiedeln.

Das mit dem Eis und der Kälte hat er wohl ein bisschen geschönt, denn ihm wird die Bezeichnung Grünland zugeordnet, mit der er mutmaßlich Siedler anlocken wollte. Das klappte auch und 25 Schiffe stachen von Island in See. Es kamen aber leider nur 11 an. Trotzdem machten die Siedler es sich im heutigen Qassiarsuk gemütlich und lebten dort zeitgleich mit den Inuit, wenn man auch nicht sagen kann miteinander.

Die Wikinger-Kultur in Grönland

Die Wikinger nahmen die Inuit nämlich nur als bessere Tiere wahr, denn deren enorme Körperlraft, die gutturale Sprache und das Hinein- und Hinauskrabbeln durch die niedrigen Hauseingänge auf allen Vieren, den Verzehr von rohem Fleisch und das enge Zusammenleben empfanden sie als fremdartig und animalisch. Erik und seine Familie hingegen lebten in hölzernen Langhäusern mit Feuer- und Kochstelle, separater Schlafkammer und abgetrennten Bereichen für die unverheirateten Frauen.

Blick in ein Winterhaus der Inuit
Blick in ein Langhaus der Wikinger

Denn die beiden Bevölkerungsgruppen hätten unterschiedlicher kaum sein können. Die Wikinger lebten in Holzhäusern, trugen selbst gewebte Wollkleidung und hatten insgesamt eine ganz andere Kultur, als die Inuit, die in Grashäusern lebten, Pelze und Leder trugen und sich hauptsächlich von Jagd und Fischfang ernährten. Dafür bot Grönland auch die bessere Grundlage, denn Holz und Wolle gab es dort nicht. So mussten die Wikinger alles importieren, was sie benötigten. Daher segelte Leif, der Sohn von Erik und seiner Frau Tjodhilde, viele Male zurück nach Island, wo er mit dem christlichen Glauben in Kontakt kam und die Idee des Christentums schließlich nach Grönland brachte.

Wie das Christentum nach Grönland kam

Erik der Rote war wenig erbaut, seine Frau hingegen war begeistert und konvertierte schon bald. Der daraus entstehende Unfriede zwischen den beiden Eheleuten gipfelte darin, dass Tjodhilde Erik aus dem gemeinsamen Schlafzimmer verbannte. Erst der von Erik in Auftrag gegebene Bau einer Kirche konnte seine Frau besänftigen. Auch wenn die Intention wohl weniger dem tiefen geistigen Glauben, sondern recht körperlichen Bedürfnissen entsprang. Heute kann man Nachbauten der verschiedenen Behausungen in Qassiarsuk anschauen und auch eine Replik der kleinen Kirche.

Der grönländische Glaube – Tupilaks

Von den Inuit hingegen ist deutlich weniger zu bestaunen. Dabei ist deren Kultur mindestens genauso faszinierend. Die Inuit glaubten nicht an einen Gott, sondern an viele. Oder zumindest mächtige Wesenheiten, die das Schicksal der Menschen beeinflussten. Einige dieser Wesenheiten konnte man sich dienstbar machen, in dem man zum Beispiel sogenannte Tupilaks schnitzte.

Tupilaks sind oft gruselig und böse aussehende Figuren, in deren Herstellung all der eigene Ärger und Groll floss. Denn man stellte sie her, um seinen Feinden zu schaden. Waren sie fertig, so versenkte man sie im Meer und die Tupilaks machten sich auf den Weg zu ihren Opfern. Doch Vorsicht war geboten: War der Geist des Feindes stärker als der eigene, so konnte er die bösen Tupilaks abwehren und auf ihren Schöpfer zurückhetzen!

Disclaimer: Ich habe die Reise an Bord der Sea Spirit bei einem Wettbewerb von Poseidon Expeditions gewonnen. Ich selbst musste also nichts für die Reise bezahlen, werde für meine Artikel aber auch nicht vom Reiseveranstalter bezahlt. Ich gebe hier meine eigene Meinung wieder.

Copyright: Alle der hier gezeigten Bilder ohne mein Logo wurden vom Bordfotograf Page Chichester aufgenommen.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert