
Spitzbergen-Umrundung: Ein Besuch in Longyearbyen
Ich gebe zu: Letztes Jahr hab ich es verschleppt, euch von meiner Spitzbergenumrundung zu berichten. Mist. Das Gute: Ich war dieses Jahr wieder da, hab noch mehr Fotos und Wissen im Gepäck und diesmal auch die Motivation, darüber zu schreiben! Kommt mit auf eine Umrundung von Spitzbergen, der Insel ganz weit oben im Norden. Wir beginnen, wie könnte es anders sein, in Longyearbyen, der Hauptstadt des Archipels.
Die Geschichte Longyearbyens
Im hohen Norden, wo die Fjorde wie blaue Bänder in die arktische Wildnis schneiden, liegt Longyearbyen im Adventfjord. (Das hat allerdings nichts mit Weihnachten zu tun, der Fjord ist nach dem Walfängerschiff Adventure benannt. Ursprünglich galt Svalbard – so heißt nämlich das gesamte Archipel, Spitzbergen ist die Hauptinsel – als echtes Niemandsland. Im 17. und 18. Jahrhundert trafen dann holländische, englische, französische und russische Walfänger und Robbenjäger ein, ohne dass die Inseln offiziell jemandem gehörten. Jeder, der Schiffe und Mannschaft zur Verfügung hatte, durfte kommen und ausbeuten. Mit ein bisschen Verspätung schickten auch die Deutschen Schiffe von Hamburg und Altona los.

Jahrhundertelang wurde so viel erlegt, wie irgendwie ging. Das führte zu einem drastischen Rückgang der Walpopulation, der Grönlandwal, aber auch Eisbär und Walross wurden fast ausgerottet. Als sich die Fanggründe nicht mehr lohnten, zogen die Walfänger weiter und als im 20. Jahrhundert auch vermehrt die Landtiere unter Schutz gestellt wurden, zogen auch die Trapper ab.
1920 brachte der „Vertrag von Paris“, besser bekannt als der Svalbard-Vertrag, endlich Klarheit: Unterzeichnet von 14 Nationen (darunter Norwegen, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan) erkannte er Norwegens volle Souveränität über den Archipel an, setzte jedoch den Gleichbehandlungsgrundsatz fest. Das heißt, alle Vertragsstaaten erhalten gleichberechtigten Zugang zu Fischerei, Jagd und Rohstoffgewinnung und man benötigt kein Visum, um sich dauerhaft hier aufzuhalten.
Von Kohle zum Tourismus
Für die Rohstoffgewinnung kam auch ein Amerikaner hierher, noch bevor von dem Vetrag überhaupt die Rede war. Benannt ist Longyearbyen nämlich nach dem Unternehmer John Munro Longyear, der 1906 hier die ersten Kohlevorkommen erschloss. Zunächst hieß der Ort Longyear City, erst nach der Übernahme durch Norwegen wurde der Name angepasst.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bestimmte der Kohleabbau den Alltag. Tatsächlich wurde hier auch noch sehr lange Kohle abgebaut, erst im Sommer 2025 Schloss die letzte Mine, Mine Nr. 7, endgültig ihren Betrieb. Man sieht aber noch überall Zeichen der Vergangenheit, wie die Statue eines Kohlearbeiters oder die Seilbahn, mit der die Kohle in den Hafen transportiert wurde.

Spätestens in den 1990er-Jahren wandelte sich Longyearbyen dann von einer reinen Bergbaustadt zum internationalen Zentrum für Polarforschung und Tourismus. In den Laboren des Polarinstituts arbeiten Wissenschaftler:innen aus aller Welt daran, das Klima der Arktis zu verstehen und an der Pier liegt im Sommer meist mindestens ein Kreuzfahrtschiff.
Wer mit dem Flugzeug anreist, wird vielleicht feststellen, dass die Flugzeuge selten voll besetzt sind. Das liegt weniger daran, dass kaum Menschen hierhin wollen, als vielmehr daran, dass der Flughafen auf Permafrostboden gebaut ist, der infolge des Klimawandels auftaut und instabil wird. Um die Landebahn nicht zu beschädigen, muss daher aufs Gewicht geachtet werden.
Ein Besuch in Longyearbyen: Tipps zu Unterkunft und Aktivitäten
Doch auch Reisende zieht es zunehmend in diese abgelegene Gemeinde: Die Mitternachtssonne im Sommer badet die verschneiten Gipfel in goldenes Licht, und im Winter tanzen die Nordlichter in leuchtenden Schleiern über den Himmel. Ich habe beides schon erlebt und kann sagen: Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Zauber.





Die Sonne steht ab Ende April bis Ende August 24 Stunden am Tag am Himmel, vorher und nachher werden die Tage in rapider Geschwindigkeit länger, bzw. kürzer. Von Oktober bis März herrscht dann die Polarnacht. Wenn sie endet, versammeln sich die Menschen an der Kirche und feiern ein großes Fest. Ich selbst habe mal einen ganzen Winter in Nordfinnland verbracht und als die Sonne zum ersten Mal wieder über den Horizont lugte, war mir auch zum Feiern zu Mute.

In Longyearbyen beginnen viele der Kreuzfahrten, die eine Umrundung der Insel ermöglichen. Dementsprechend gibt es auch vergleichsweise viele Unterkünfte für eine Siedlung mit nur etwa 2.500 Einwohner:innen.

Unterkunft: Basecamp
Ich kann aus eigener Erfahrung das Basecamp sehr empfehlen. Die Zimmer und Aufenthaltsbereiche sind urig, aber modern und einfach nur kuschelig und gemütlich. Es gibt sehr hübsche, handgefertigte Souvenirs, die man kaufen kann und das Personal hilft einem dabei, Ausflüge zu buchen.
Vom Flughafen benötigt man einen Transfer, da dieser sich außerhalb der Sicherheitszone befindet. Vom Hafen könnte man sogar zu Fuß hier hinlaufen. Longyearbyen ist nämlich recht überschaubar und man braucht kein Auto, um sich in der Stadt fortzubewegen.

Basecamp Spitsbergen
6J8P+R7J, Longyearbyen 9171, Spitzbergen und Jan Mayen
Check-in-Zeit: 14:00
Check-out-Zeit: 11:00

Kroa
Zum Basecamp gehört ein eigenes Restaurant, in dem man gar nicht mal so schlechte Pizza bekommt, wenn auch zu etwas anderen Preisen als bei uns. Die Einrichtung ist wie das Basecamp selbst, gemütlich und heimelig. Ich fand es sehr schön, mich hier mit einem Getränk hinzusetzen und in mein Reisetagebuch zu schreiben. Man ist für sich, aber eben nicht allein und die Bedienung ist sehr nett.

Restaurant Kroa
6J8P+R9W, postboks 150, N-9171 Norway, Hilmar Rekstens vei, Longyearbyen, Spitzbergen und Jan Mayen
Öffnungszeiten
Mittwoch | 11:30–01:00 |
Donnerstag | 11:30–01:00 |
Freitag | 11:30–01:00 |
Samstag | 11:30–01:00 |
Sonntag | 11:30–01:00 |
Montag | 11:30–01:00 |
Dienstag | 11:30–01:00 |

Gletscherwanderung, Schneemobiltour und Hundeschlittenfahrt
Wer nur kurz in Longyearbyen ist, aber möglichst viel unternehmen möchte, für den bieten sich die folgenden Aktivitäten an:
Unter den jeweiligen Links erzähle ich euch von meinen Erfahrungen. Ich habe die Aktivitäten alle über Basecamp gebucht, das war ganz easy und hat problemlos geklappt. Dafür geht es natürlich aus der Stadt raus, aber auch Longyearbyen selbst hat einiges zu bieten.

Das Eisbärenschild
Wenn man die Safety Zone verlässt der Stadtgrenzen verlässt kommt man an einem der berühmten „Gjelder hele Svalbard“-Schilder vorbei. Sie erinnern daran, dass es gesetzlich vorgeschrieben ist, beim Verlassen der Ortschaft eine geladene Waffe bei sich zu führen, um in Notfällen – etwa bei der Begegnung mit hungrigen Eisbären – verteidigen zu können. Hintergrund dieser strengen Regelung ist nicht nur der Schutz der Menschen, sondern auch der der Tiere: Nur so lassen sich gefährliche Nahkontakte vermeiden und die Polarwelten beiderseits der Linie respektvoll bewahren.

Museum
Ein Besuch im Svalbard Museum liefert bei Interesse Hintergrundinfos zu Stadt und Insel. In einer nicht zu großen, liebevoll gestalteten Ausstellung erfährt man ganz viel über die Walfang‑ und Bergbauära, die Tierwelt der Polarregion und die Entwicklung der Forschung auf Spitzbergen. Originale Fundstücke, historische Fotografien und interaktive Modelle machen das Museum zu einem lebendigen Fenster in die Vergangenheit und Gegenwart der Inseln. Übrigens: Wer das Museum betreten möchte, muss entweder die Schuhe aus- oder Plastiküberzieher drüberziehen. Die Tradition stammt aus der Zeit des Bergbaus und sorgt für saubere Böden und weniger Putzarbeit!

Svalbard Museum
University Centre in Svalbard (UNIS), Vei 231 – 1, Forskningsparken SJ, Longyearbyen 9170, Spitzbergen und Jan Mayen
Befindet/n sich in: Universitätszentrum Svalbard
Öffnungszeiten
Mittwoch | 09:00–17:00 |
Donnerstag | 09:00–17:00 |
Freitag | 09:00–17:00 |
Samstag | 09:00–17:00 |
Sonntag | 09:00–17:00 |
Montag | 09:00–17:00 |
Dienstag | 09:00–17:00 |

North Pole Expedition Museum
In zwei Etagen präsentiert das Museum originale Expeditionsaufnahmen, Fotografien, Zeitungsartikel, Telegramme, Briefmarken sowie Modelle von Schiffen, Flugzeugen und Luftschiffen – von Nansens berühmter Reise mit der „Fram“ (1893–1896) über Andrées Ballon „Örnen“ bis hin zu Amundsens und Nobiles „Norge“ (1926) und der dramatischen „Italia“-Expedition (1928), die in eine der größten Rettungsaktionen der Arktis mündete. Außerdem sind Ausrüstungsgegenstände der Entdecker ausgestellt

North Pole Expedition Museum
Longyearbyen 9170, Spitzbergen und Jan Mayen
Öffnungszeiten
Mittwoch | 09:00–17:00 |
Donnerstag | 09:00–17:00 |
Freitag | 09:00–17:00 |
Samstag | 09:00–17:00 |
Sonntag | 09:00–17:00 |
Montag | 09:00–17:00 |
Dienstag | 09:00–17:00 |

Seed Vault
Dieses unscheinbare Betondreieck im gefrorenen Boden des Adventdalen enthält die weltweit größte Reserve an Saatgut. Sollte ein Land seine heimischen Vorräte an Grundnahrungsmitteln verlieren, können hier Nachzuchten geordert werden, um eine Hungersnot zu verhindern. Ich selber hatte bisher noch nicht die Möglichkeit, mir den “Pflanzenbunker” richtig anzuschauen, hoffe aber, dass mir das in naher Zukunft gelingt. Es gilt aber zu beachten: Man kann das Geböude nur von außen bewundern, das Innere ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Brauerei
Man mag es nicht glauben, aber Longyearbyen hat alles, was man braucht, sogar eine eigene Brauerei. Für diese hat man sich extra einen deutschen Braumeister verpflichtet, der nun etwa 15 Biersorten herstellen lässt. Das Besondere: Das Bier wird mit Gletscherwasser gebraut. Das verleiht ihm einen ganz eigenen Geschmack, der nicht an anderen Orten (man hat es in Deutschland versucht) reproduzierbar ist.

612 Svalbardgata 7, SJ, 9171, Spitzbergen und Jan Mayen
+47 90 28 62 05

Café Huskies
Nur wenige Schritte entfernt wartet mein persönliches Paradies auf Erden. Aus Deutschland kenne und liebe ich ja die sogenannten Katzencafés, in denen man auf Tuchfühlung mit den Vierbeinern gehen kann. Hier auf Spitzbergen sind Katzen seit 1992 als Haustiere allerdings verboten. Sie wären zu gefährlich für die endemischen Arten und könnten das ganze Ökosystem zum Einsturz bringen.

Kleiner Fun-Fact: Ein findiger russischer Techniker schmuggelte dennoch eines Tages seinen kleinen Stubentiger auf die Insel. Um nicht aufzufallen, deklarierte er sein Tier mit Namen Kesha bei der Ankunft in Barentsburg kurzerhand als Fuchs. Tagsüber patrouillierte Kesha souverän sein Revier in der russischen Siedlung, verscheuchte echte Polarfüchse und machte auch vor der kleinen Kantine nicht halt. Nächtens zog er sich in eine warme Maschinenwerkstatt zurück, die fortan sein Stammquartier wurde. Kesha genoss die Zuneigung der gesamten Gemeinde: Bewohner:innen und Besucher:innen liebten es, dem haarigen „Fuchs“ über den Weg zu laufen und ihm Leckerlis zu bringen. Am 20. Januar 2021, im stolzen Alter von etwa 14 Jahren, verstarb Kesha.



So, wo war ich? Ach ja, Katzencafés! Gibt es hier nicht, dafür aber das Café Huskies. Hier wohnen momentan Queen, Pocket und Fjord und versüßen den Gästen den Aufenthalt, indem sie sich huldvoll streicheln und kuscheln lassen. Wäre das nicht schon genug, um mir ein breites Dauergrinsen zu verpassen, ist das Café selbst auch noch sehr schön und gemütlich eingerichtet und das Zimtbrot ist ein Gedicht. Klare Besuchsempfehlung meinerseits also.
Café Huskies
6JCV+P87, Vei 509 2, postboks 238 Longyearbyen SJ, Longyearbyen 9170, Spitzbergen und Jan Mayen
Öffnungszeiten
Mittwoch | 09:00–17:00 |
Donnerstag | 09:00–17:00 |
Freitag | 09:00–17:00 |
Samstag | 09:00–17:00 |
Sonntag | 09:00–17:00 |
Montag | 09:00–17:00 |
Dienstag | 09:00–17:00 |

Camp Barentz
Wer Schlittenhunde noch intensiver und in größeren Mengen kennenlernen möchte, dem rate ich zum Camp Barentz hinausfahren. Das Camp ist optisch nicht allzu eindrucksvoll: Zwei Holzhütten und ein Toilettenwagen. Aber: Hier wohnen die Huskies von Green Dog Svalbard und man kann die Team-Oldies hautnah kennenlernen. Wer möchte legt zum Beispiel mit Marvel eine kleine Wellness-Einheit ein, wenn die Bürste ins Spiel kommt, zerfließt dieser Hund vor Wonne!



Es gibt jede Menge Infos zu der Arbeit mit den Tieren (Bei Interesse sieh die mal mein Musher-ABC an) und man kann verschiedene Schlittenbauweisen bewundern. In der Hütte warten dann heißer Saft, Tee, Kaffee und fluffige Pancakes. Was will man mehr?
Camp Barentz
9170, Spitzbergen und Jan Mayen
Wilderness Evening | Dinner Tour at Camp Barentz | Hurtigruten Svalbard
Öffnungszeiten
Mittwoch | 11:30–00:00 | |
Donnerstag | 11:30–00:00 | |
Freitag | 11:30–00:00 | |
Samstag | 11:30–00:00 | |
Sonntag | 11:30–00:00 | |
Montag | 11:30–00:00 | |
Dienstag | 11:30–00:00 | |

Ob man im ewigen Sommer die Mitternachtssonne oder im tiefen Winter ein bisschen Weihnachtszauber genießt – Longyearbyen ist mehr als eine Zwischenstation, es ist das Tor zu Svalbard, ein Ort, an dem Geschichte, Forschung und Abenteuer auf engstem Raum verschmelzen. Und das sommers wie winters. 😉


Einige der hier im Artikel verwendeten Bilder hat mir mein sehr talentierter Kollege Niklas Bahn zur Verfügung gestellt, der ebenfalls auf Kreuzfahrtschiffen arbeitet und Reisevorträge hält!
