Ausritt-Islandpferde-Tour-Landschaft

Roadtrip Island: Märchenhafter Ausritt auf Islandpferden

Auf einem Roadtrip durch Island sollte man das Auto auch mal stehen lassen und sich stattdessen in den Sattel schwingen. Denn ein Ausritt mit den berühmten Islandpferden ist ein einmaliges Erlebnis, dass einen die Landschaft der abwechslungsreichen Insel noch mal mit ganz anderen Augen sehen lässt. Und im Gegensatz zu den Orcas von Snæfellsnes tauchen die Tiere auch auf!

Willkommen auf dem Hof Syðra-Skörðugil

Wir haben nämlich eine Verabredung mit den Islandpferden von Syðra-Skörðugil und so rollt unser Auto gegen 10 Uhr morgens auf den Reiterhof. Erst denken wir, außer uns wäre niemand da, aber dann entdecken wir in einem Gehege eine junge Frau, die sich um zwei braune und ein weißes Pferd kümmert. Sie stellt sich als Emilia vor, stammt aus Polen und verbringt ihre Semesterferien hier auf Island.

Für heute ist sie unser Guide und mein Herz geht auf, als sie uns eröffnet, dass wir an diesem Morgen die einzigen Gäste sind. Das bedeutet, gleich werden wir uns zu dritt auf die Pferderücken begeben und das umliegende, weite Tal erkunden. Doch Safety first! Zuerst gilt es, den passenden Helm zu finden. Die Stallkatzen blinzeln uns schläfrig zu, während wir ein Modell nach dem anderen aufsetzen und testen, ob es auch wirklich sitzt. Als wir versorgt sind, treten wir wieder hinaus in den strahlenden Sonnenschein, mit dem Island uns heute segnet. Ihr erinnert euch, die letzten Tage kam das Wasser immer von allen Seiten.

Vorerfahrung? Nicht nötig!

Emilia lächelt uns schüchtern an und fragt nach bereits vorhandener Pferdeerfahrung. Mein Mann, der seine Teenagersommer auf dem Reiterhof verbracht hat, schwingt sich lässig in den Sattel und greift fachmännisch die Zügel, während ich nur sagen kann, dass ich mal von einem Pferd runtergefallen bin. Aber das macht nichts, denn für einen normalen Ausritt ist hier keine Vorerfahrung nötig. Emilia versichert mir, dass das heute nicht passieren wird, hilft mir in den Sattel, schiebt meine Füße in den Steigbügeln zurecht und erklärt mir, wie ich die Zügel halten muss.

Angst habe ich trotz meiner bisherigen Erfahrung keine, denn a) lasse ich mich durch sowas doch nicht von einer traumhaften Unternehmung wie einem Ausritt mit Islandpferden abhalten und b) ist mein heutiges Pferd nur etwa halb so groß wie das, von dem ich auf meiner Spanienreise runtergesegelt bin. Zeit, meinen Gefährten für heute etwas näher kennenzulernen.

Zunächst mal stelle ich fest, dass es sich um um eine Gefährtin handelt, ich sitze nämlich auf dem kleinen weißen Pferd, das Emilia vorbereitet hatte, und das ist eine Stute. Fróstrós heißt sie, Frostrose. Ein unglaublich schöner Name, der einfach hierher nach Island und zu diesem Tier passt. Wobei Schattenfell auch nicht verkehrt gewesen wäre. Mein Mann sitzt auf Tila, einer etwas älteren Lady, die dennoch ungeduldig schnaubt. Sie will, dass es jetzt endlich losgeht. Und so brechen wir auf und lassen den Hof hinter uns.

Syðra-Skörðugil
Ort: Skagafjörður
Adresse: Syðra-Skörðugil, 560 Varmahlíð
Voraussetzung: Keine, man darf auch absoluter Anfänger sein
Angebote: Es gibt auch Mehrtagestouren und ein Gästehaus
Kosten: 11.500 ISK p.P. für etwa 2 Stunden
Zur Website vom Pferdehof

Islandpferde – Wichtiger Bestandteil der isländischen Geschichte und Kultur

Islandpferde gehören zu Island wie Strickpullover und raues Wetter. Schon seit Jahrhunderten leben sie auf der Insel, trotzen Wind und Regen und sind den Menschen treue Begleiter. Die Geschichte der Tiere reicht bis ins 9. Jahrhundert zurück, als die Wikinger ihre robusten und widerstandsfähigen kleinen Pferde auf die Insel brachten, aus denen sich die Islandpferde entwickelten. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gilt ein Gesetz, das helfen soll, die Rasse rein zu halten: Ein Islandpferd, das Island einmal verlässt, darf nicht mehr zurückkommen (ganz ähnlich wie bei den Grönland-Hunden).

Während die Islandpferde früher vor allem für den Transport und die Arbeiter auf den Höfen eingesetzt wurden, sind sie heute meist als Reit- oder Wettkampftiere beschäftigt. Trotz ihrer geringen Größe schaffen sie es, kräftig und gleichzeitig elegant zu wirken. Und seien wir ehrlich: Auch wahnsinnig niedlich!

Obwohl die Tiere rein theoretisch den Ponyrassen zugeordnet werden können, bevorzugen viele den Begriff Islandpferd, statt Islandpony. Im Isländischen gibt es sowieso nur die Bezeichnung „Pferd“ (=hestur ) oder „Kleinpferd“ (=smáhestur).

Die einzigartigen Eigenschaften der Islandpferde

Was die Islandpferde so besonders macht, sind ihre einzigartigen Gangarten. Neben den üblichen, also Schritt, Trab und Galopp, beherrschen sie den Tölt und den Rennpass (=skeið). Der Tölt ist ein extrem bequemer und schneller Gang, der es dem Reiter ermöglicht, selbst über unwegsames Gelände mühelos dahinzugleiten.

Der Rennpass hingegen ist eine besonders schnelle Gangart, bei der die Pferde ihre Beine diagonal bewegen und Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h erreichen können. Dieses Tempo kann allerdings nicht über lange Distanzen gehalten werden. Und bei meiner Pferde-Expertise bin ich mir sowieso sicher, dass Frostrose und ich es etwas langsamer angehen lassen.

Auf dem Rücken von Islandpferden die Insel erkunden

Emilia führt uns hinein in das Tal, in dessen Mitte sich ein Fluss verzweigt, der Héraðsvötn. Wir folgen Emilia gemächlich über Wiesen und durch eine Landschaft, die mich einerseits natürlich an Rohan, andererseits aber auch an die weiten Prärien Nordamerikas erinnert. Island ist wirklich unglaublich abwechslungsreich. Ich wünschte, ich könnte euch mehr Bilder vom Pferderücken zeigen, allerdings war es für mich als Pferde-Newbie gar nicht so einfach, Frostrose und Kamera zu koordinieren. So müsst ihr einfach mit Rücken und Hinterkopf meines Mannes in verschiedenen Varianten Vorlieb nehmen.

Nachdem wir uns alle aneinander gewöhnt haben, dreht Emilia die samtweiche Schnute ihres Pferdes mit dem schönen Namen Ranta Fluga in Richtung der Berge. Über Gras und Steine und durch kleine Bäche und verwitterte Gatter bahnen wir uns einen Weg und in meinem Kopf ist nur Platz für ein Wort: Herrlich! Ab und an fragt Emilia, ob wir Lust auf ein etwas schnelleres Tempo haben und wir nicken begeistert.

Obwohl ich weiß, dass Islandpferde Pass und Tölt beherrschen, habe ich leider nicht die geringste Ahnung, woher man weiß, in welcher Gangart man sich befindet. Frostrose nimmt jedenfalls Fahrt auf und gerade rechtzeitig erinnere ich mich daran, dass man sich beim Reiten mit den Beinen und nicht mit den Händen festhält. Erst werde ich ein bisschen durchgeschüttelt, aber dann gleiten wir nur so dahin, weshalb ich auf den Tölt tippe. Die Sonne strahlt vom Himmel, aber der kräftige Wind sorgt für angenehme Temperaturen.

Pupsende Pferde, glückliche Reiter

Um die Romantik ein bisschen zu stören: Wusstet ihr, das man nach der ersten Viertelstunde etwa anhält, um die Bauchgurte der Pferde anzupassen? Denn unsere kleine Kolonne zieht fröhlich pupsend durch die Lande und nachdem eine gehörige Menge Gas entwichen ist, sitzen die Sättel etwas lockerer. Ich bedaure ein wenig, dass ich als letzte in der Reihe reite, aber irgendwann haben sich alle ausgepupst und der frische Wind trägt eh alle Gerüche schnell weiter.

Überraschende Action: Mein Wild-West-Moment

Bald darauf reiten wir einen Hang hoch und dann den Kamm eines Hügels entlang. Hier wehen uns die Böen nun mit aller Macht entgegen und zerren an Mähnen und Kapuzen. Die Pferde stemmen sich gegen den Wind, doch als die leuchtend-orangene Kapuze meines Mannes besonders wild flattert, erschreckt Fróstrós sich.

Sie bricht seitwärts aus unserer kleinen Formation aus und beginnt zu galoppieren. Dabei versucht sie auf dem schmalen Grat zu überholen. Weder kürzere Zügel noch beruhigende Wort meinerseits zeigen irgendeine Wirkung und ein paar Sekunden, die mir wie Minuten vorkommen, prescht das kleine, kräftige Islandpferd wild und ohne Rücksicht auf Verluste (zum Beispiel mich) vorwärts.

Als mein linker Fuß aus dem Steigbügel rutscht, sehe ich dieses Unterfangen enden, wie damals meinen Ausritt in Spanien: Nämlich mit einem Sturz, mir auf dem Boden und dem Pferd in weiter Ferne. Aber da die kleine Frostrose nicht ganz so viel Temperament besitzt, wie ihr spanischer Verwandter, und ich ein paar Jahre schlauer bin, lässt sich das glücklicherweise verhindern. Ich presse Knie und Oberschenkel fest gegen das Leder des Sattels, schaffe es, meinen Fuß zurück in den Steigbügel zu schieben und Frostrose doch noch zum Anhalten zu bewegen. Okay, faiererweise muss ich zugeben, dass ich wohl wenig Einfluss gehabt habe, Frostrose hat wohl eher entschieden, dass es jetzt reicht. Emilia ist neben mir uns redet beruhigend auf das weiße Rennpferd ein.

Klingt alles sehr viel spektakulärer, als es war und auch sehr viel länger. Und trotzdem bin ich stolz auf Frostrose und mich und habe das Gefühl, wir sind nach diesem kleinen Abenteuer ein besseres Team.

Ein gelungenes Abenteuer!

Ich könnte jetzt noch Stunden mit ihr durch dieses windgepeitschte Tal reiten, mit dem weiten Himmel über uns, an dem Wolkenfetzen und -schleier rasch vorüberziehen. Kurz darauf entdecken wir in der Ferne eine riesige Herde Islandpferde, die sich, geführt von ein paar Reitern, auf einen richtigen, mehrtägigen Treck begibt. Neidisch blicke ich den erfahreneren Reitern hinterher. Das muss traumhaft sein.

Als sie aber kurz darauf den gesamten Verkehr im Tal lahm legen, muss ich lachen. Dafür reicht mein Pferdeverstand wohl noch nicht, um auch solche Situationen zu meistern. Noch öfter begegnen wir auf Island solchen Reitergruppen. Wer also schon ein bisschen Pferde-Know-How besitzt, für den ist das bestimmt genau das richtige Abenteuer. Auch auf Syðra-Skörðugil kann man solche Reisen buchen.

Viel zu schnell kommt der Hof wieder in Sicht, aber wir dürfen Emilia noch beim Abzäumen und Absatteln helfen. Dann bringen wir unsere treuen Weggefährten auf die Weide. Ich ehrlicherweise ziemlich O-beinig. Es kündigt sich auch bereits der ein oder andere blaue Fleck und ein gehöriger Muskelkater an, trotzdem bekomme ich das Lächeln nicht aus dem Gesicht.

Das hier, das ist wirklich Island!

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