Beach CleanUp in St. Peter Ording: SPO klart auf!
Der Tag beginnt mit einer Frage, die mir noch nie gestellt wurde: “Was ist deine Handschuhgröße?”
Öh. Ich hab keine Ahnung.
Ich bin in St. Peter Ording und mit dem Termin meines Besuchs habe ich sozusagen den Nachhaltigkeitsjackpot geknackt. Denn die ganze Woche steht im Zeichen von Umwelt- und Naturschutz und der Höhepunkt ist diesen Samstag: SPO klart auf – Beach CleanUp. Als ich meiner Airbnb-Gastgeberin erzähle was ich vorhabe, schaut sie mich fragend an. “Sie will Müll sammeln, am Strand!” wirft ihr anwesender Kumpel ein. Und er hat vollkommen recht. Wenn ich schon mal hier bin, möchte ich mich auch nützlich machen.
Dazu begebe ich mich um 10.30 Uhr zum Dünen-Hus, sozusagen dem Basislager der Aktion. Hier kommen die Ranger des Nationalparks, Mitarbeiter der DLRG, der Tourismuszentrale und die Bundesfreiwilligen, die im Westerhever Leuchtturm wohnen, zusammen mit Gästen und Einwohnern, die alle das Gleiche wollen: St. Peter Ording noch schöner machen.
Die Aktion beginnt mit der oben erwähnten Ausgabe der Handschuhe. Nachdem man mir perfekt passende Exemplare in der Größe 9 ausgehändigt hat, stelle ich meine mangelnde Sachkompetenz noch einmal unter Beweis, indem ich die Handschuhe verkehrt herum anziehe. Trotzdem werde ich nicht disqualifiziert, sondern bekomme sogar noch ein Teilnehmerbändchen und einen Turnbeutel als Andenken an die Aktion.
Die findet übrigens zwei Mal im Jahr statt, immer am letzten Samstag im März und im September. Dieses Frühjahr musste sie aufgrund von Corona leider ausfallen, aber heute ist der 11. Termin. Und der findet großen Zuspruch. Auf den Bänken sitzt jede Altersklasse, von Schulkindern bis Rentnern ist alles dabei. Die Stimmung ist heiter und motiviert und ich freue mich über mit angehörte Gespräche, wie das der beiden älteren Frauen auf der Bank hinter mir.
“Ich habe gestern mit meiner Nichte gesprochen, die war auf dem Fridays for Future-Streik und fand das richtig gut, was wir heute machen!” “Ja, man muss sich mehr engagieren. Genau wie bei der Wahl morgen: Da geht es ja nicht nur um uns, sondern auch um die Generationen nach uns.”
Da hüpft doch mein Herz. Ich selbst hüpfe auch und zwar in die Gruppe “Strandabschnitt Ording”. Mit dem Bus fahren wir ein paar Kilometer, jeder mit seinem braunen Papiersack und einem Klemmbrett zum Müll-Monitoring. Denn wir sollen nicht nur sammeln, sondern auch katalogisieren. Was genau finden wir? Masken, Zigarettenstummel, Paraffin? Alles wird per Strichliste erfasst und dient nachher der Auswertung in weltweit geführten Statistiken.
Wisst ihr was? Man entwickelt einen richtigen Ehrgeiz, wie man so mit Klemmbrett und Müllsack durch die Dünen krufft! Ah, eine Glasflasche, die hatte ich noch nicht! Oh nee, schon wieder ein Zigarettenstummel, das ist schon der 36.! Einerseits ist es ja richtig, richtig gut, dass Strand und Dünen hier eh schon sehr sauber sind, für die fanatische Müllsammlerin aber auch ein bisschen enttäuschend. Umso mehr freut man sich über jedes Fitzelchen, das in den Sack segelt.
Aber nein, im Ernst: Es ist gruselig, wie sauber alles aussieht, aber wenn man genau hinschaut, sieht man Plastik. Manchmal nur winzige Partikel oder ein Stückchen Plastiktüte, das aus dem Sand ragt. Aber es ist da und es ist überall. Ich gebe mir Mühe, auch kleinste Kügelchen einzusammeln, aber das wird wohl niemand mehr schaffen.
Trotzdem muss man es versuchen. Das ist meine innerste Überzeugung. Denn die Sichtweise: Ach, mein Beitrag macht ja eh keinen Unterschied, meine Stimme fällt doch nicht ins Gewicht, mein bisschen Müll ist doch nicht so schlimm…finde ich katastrophal und falsch.
Keine umwälzende Erkenntnis, aber eine wichtige: Sich zu engagieren macht unglaublich Spaß. Man kommt mit neuen Menschen in Kontakt, man hat eine gemeinsame Aufgabe und schon bald ziehen wir lachend am Strand von St. Peter Ording entlang, vergleichen unsere Funde und feuern uns gegenseitig an. Als ich unter dem Steg der Seebrücke herumkrieche, finde ich sogar einen regelrechten Schatz: Zwei Ringe und 10 Cent. Was will ich mehr? Vielleicht, dass der Ruf der netten Dame über mir befolgt wird: “Da unten kriecht wer rum, niemand seine Schuhe ausklopfen!”
Nachdem wir den ersten Abschnitt der Dünen gesäubert haben, teilt sich unsere Gruppe nochmals und einige werden auf dem Treckeranhänger nach Bad gebracht. Wir alle müssen lachen, wie wir so über den Strand holpern und fühlen uns ein bisschen, wie Erntehelfer mit unseren Handschuhe und Säcken. Aber auch wieder wie Kinder, die im Kofferraum mitfahren dürfen. Die Stimmung ist ausgelassen, wir scherzen und grüßen die Strandgäste, die uns verwundert hinterherblicken.
Nach drei Stunden ist der Spaß auch schon vorbei und alle Helfer kommen zum großen Müll-Contest zusammen. Was wurde eingesammelt und welcher Fund ist der kurioseste? Die niederländische Milchtüte, der Football oder die vergammelte Kappe mit der Aufschrift “Bitch, please”? Per Applaus wird entschieden und dann machen sich alle über die kostenlosen Speisen und Getränke her. Wäre das warme Gefühl im Herzen nicht genug, gibt es jetzt auch noch heiße Suppe für’s Bäuchlein. Und danach genießt jeder auf seine Weise den sauberen Strand von St. Peter Ording, zu dem wir alle einen Beitrag geleistet haben.
Alle Bilder dieses Beitrags stammen von Johannes Kaiser von Kaiser Schäfer Fotoworks, dem ich für das tolle Wochenende und die wunderschönen Fotos von Herzen danke.
6 Comments
atticular84
Tolle Aktion, toller Bericht ❤️ Du bist einfach super 😘 Wir sind gerade in der Normandie und Pina und ich werden auch auf unseren Strandspaziergängen Plastik sammeln. Jedes bisschen hilft. Manchmal sieht man es echt kaum und muss buddeln und oberflächlich sieht alles ziemlich sauber aus.
Rosa
Liebste Änni,
ich wünsche euch eine wunderwunderschöne Zeit in der Normandie! Pina liebt es dort bestimmt, oder? Und ich werde versuchen, jetzt immer eine Tüte dabei zu haben, wenn ich draußen unterwegs bin. Man merkt wirklich erst, vie viel Müll da rumliegt, wenn man intensiv drauf achtet. Aber wie du sagst: Jedes bisschen hilft! <3
Johannes
Hi Anuschka,
es war mir eine Ehre mit Dir zusammen SPO ein klein wenig sauberer zu machen.
In diesen Momenten wird einem bewusst, dass „geben” einem so viel mehr bringt als „nehmen”.
Das gute Gefühl nach so einer Aktion dauert länger an, als die kurze Befriedigung nach einem Shopping-Nachmittag.
Liebe Grüße, Johannes
Rosa
Lieber Johannes,
ich danke dir, dass du mitgemacht und das Ganze so toll dokumentiert hast. Für mich war es fantastisch, einfach losziehen, mich unterhalten und den Strand säubern zu können, ohne selbst ständig die Kamera im Anschlag haben zu müssen und am Ende trotzdem so unglaublich tolle Fotos von dem Event zu haben! Ich hatte wahnsinnig viel Spaß dabei und tatsächlich hab ich das Gefühl, den Strand jetzt noch besser wertschätzen zu können, als vorher.
Ganz liebe Grüße
Anuschka
Renate
Liebe Anuschka,
da hat deine Nichte völlig recht, tolle Idee! Diese Clean Ups gibt es jetzt immer häufiger an vielen Orten, auch bei uns am Rhein. Jetzt weiß ich auch, was sich hinter der Abkürzung SPO verbirgt. Lach. Ich dachte erst an eine Organisation oder Partei.
Liebe Grüße
Renate
Rosa
Liebe Renate,
ich musste mich auch erst an die Abkürzung gewöhnen! 😀 Aber St. Peter Ording ist schon ganz schön lang, um es auszuschreiben. Ich finde die CleanUps so eine gute Sache. Natürlich beseitigt man dadurch das Problem nicht, aber ich finde, es schärft das Bewusstsein ungemein und man hat das Gefühl, etwas Wichtiges zu tun. Das kann man ja auch sozusagen während jedes Spaziergangs integrieren. 🙂
Ach, ich vermisse das Rheinland! <3
Liebe Grüße
anuschka