Spitzbergen-Umrundung: Binnebukta


Die Binnebukta befindet sich nur 24 nautische Meilen von Torellneset entfernt und liegt auf der Wilhelmøya. Letztere ist tatsächlich nach “unserem” Wilhelm, also dem deutschen Kaiser Wilhelm I. benannt. Der selber schipperte nun nicht hier rum, aber eine deutsche Expedition unter Kapitän Carl Koldewey benannte ihm zu Ehren die Insel in den 1860er-Jahren. Auch seine Minister wurden hier verewigt. So finden sich in unmittelbarer Nähe Roonøyane, Roonbreen und Moltkebreen, im Süden Bjørnsundet (früher Bismarckstraße) und auf der Nordseite Moltkeneset.

Wilhelm I. auf dem Weg zur Frontinspektion 1872, Öl auf Leinwand, Emil Volkers. Im Hintergrund zu sehen: Graf von Bismarck, von Moltke, Kriegsminister von Roon, Leopold von Hohenzollern.

Gestatten, Minister Bärin

Da es keinen Herrn Minister Binne gab, fragt man sich, was der Name der Bucht bedeuten soll. Das ist ganz einfach: Er bedeutet Bärinnenbucht. Und vor denen sollte man sich hier auch in Acht nehmen. Unsere Eisbärwächter halten daher auch fleißig Ausschau, bevor wir an Land gehen.

Die historischen Fakten zu diesem Ort haben sich mit dem oben genannten bereits erschöpft und so gibt es für mich als Historikerin an dieser Landestelle gar nicht so viel zu erzählen. Ich bin daher sehr dankbar, als ich ein Stück von einem Rentiergeweih finde, neben das ich mich stellen kann. So habe ich zumindest etwas, was ich den Passagieren und Passagierinnen zeigen kann.

Verletzliche Natur

Ich beziehe also meine Position und lasse den Blick über die Bucht schweifen. Von der Ladestelle geht es einen gleichmäßigen Anstieg hinauf auf eine etwa 100 m hohe Seitenmoräne. Wir haben den Weg, dem gefolgt werden soll, genau mit Flaggen markiert, den der Boden ist hier sehr feucht und schlammig. Das bedeutet, er könnte großen Schaden nehmen, wenn er von 100 Paar Gummistiefeln bearbeitet wird. Daher haben wir einen Pfad angelegt, der hauptsächlich über Geröll und Gestein verläuft. Denn auch das gehört zu unseren Aufgaben hier auf Spitzbergen. Wir wollen unseren Gästen nicht nur die Schönheit der Natur zeigen, sondern diese zugleich auch so gut wir können schützen.

Der geheime Knochenraum

Daher ist es zum Beispiel auch strengstens verboten, Knochen, Geweihe oder Steine aufzusammeln und als Souvenirs einzustecken. Grundsätzlich dürfen Besucher:innen an den Landestellen nichts verändern. Daher kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, als mir zu dem Geweih, neben dem ich stehe, folgende Frage gestellt wird:

Nehmen Sie derlei Exponate immer mit an Land, um sie uns zu zeigen?

Ich kann mir eine scherzhafte Antwort nicht verkneifen:

Ja, wir haben auf Deck 2 den sogenannten Knochenraum. Und falls es nicht viele historische Überreste an einer Landestelle gibt, geh ich morgens einfach da rein und hol mir ein paar schöne Knochen oder Geweihe, die ich mitnehmen kann. Morgen vielleicht den Eisbärschädel!

Ich werde ungläubig angestarrt. Nun ja, da war mein Mundwerk vielleicht schneller als mein Kopf, es ist nun wirklich nicht nett, die Gäste zu veräppeln. Ich beeile mich, das Ganze aufzuklären und die Gäste brechen in Gelächter aus. Natürlich gibt es einen solchen Raum nicht und auch wir als Guides geben uns die größte Mühe, hier nichts zu verändern oder irgendwie in natürliche Prozesse einzugreifen. Wenn wir die Landestellen vor Eintreffen der Gäste inspizieren, halten wir aber nach spannenden Kleinigkeiten Ausschau, damit wir darauf hinweisen können. So wie das hübsche Geweihstück.

Ich entschuldige mich bei den Gästen, dass ich sie auf den Arm genommen habe und mir wird bereitwillig verziehen. Und so stehe ich den Rest des Vormittags neben meinem Geweih, betätige mich als Verkehrshütchen (bei der orangefarbenen Jacke sehr einfach) und weise den Weg den Hügel hinauf.

Aus historischer Sicht ist die Binnebukta also wahrlich nicht der spannendste Ort auf Spitzbergen um zu landen, aber die Sonne scheint, Himmel und Meer strahlen blau und ich wüsste keinen Ort, an dem ich gerade lieber wäre!

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