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Ein Tag in der Arktis I: Arbeiten mit Schlittenhunden

Der Wecker klingelt um sieben. Ich mache das Handy aus und drehe mich noch mal rum. Das Bett ist so warm und der Boden, den meine nackten Füße gleich berühren, ist so kalt. Aber es hilft nichts, heute bin ich an der Reihe, den Hunden Wasser zu geben, meine beiden Mitvolunteers schlafen noch. Also stehe ich auf und ziehe mich an. Vorher ein Blick auf das Thermometer, -35°, brrr. Seppo würde sagen: „It’s a five-socks-day!“ Also zuerst Unterwäsche, dann die Merino-Ski-Unterwäsche, darüber Jogginghose und Fleecejacke. Mit der Mütze und zwei Paar Handschuhen schleiche ich in den Flur, da komplettieren der Daunenparka und die Skihose das Outfit. Jetzt der Schritt, der jedes Mal ein bisschen Überwindung kostet: Tür auf und rein in die eiskalte Dunkelheit. Die Schlittenhunde warten.

Die Luft brennt in den Lungen, hat aber den Vorteil, dass man sofort hellwach ist. Ich blicke mich um. Alles ist still und weiß. Die Gäste und die Hunde schlafen noch. Mit einer Dose Thunfisch in der Hand überquere ich den Hof und gehe zu der winzigen beheizten Hütte mit Wasseranschluss. Der Thunfisch wird auf Eimer verteilt, die ich mit Wasser auffülle.

Aber bevor alle Schlittenhunde, die heute laufen, ihr Wasser bekommen, sind die drei Welpen an der Reihe. Die bekommen mehrmals täglich Futter, eine Mischung aus eingeweichtem Trockenfutter, Gemüsepaste und Quark. Quantum, Quaser und Quest sind jedes Mal ungeduldig, springen an mir hoch und machen es schwer, das Futter unfallfrei auf den Boden zu bringen. Aber niemand kann böse auf Hundewelpen sein :). Und eine Streicheleinheit ist mehr als genug Lohn für das frühe Aufstehen.

Frühstückszeit

Wenn alle Schlittenhunde versorgt sind, geht es zurück zu unserer Hütte und dann ins Restaurant. Hier frühstücke ich mit meinen Kolleginnen im Obergeschoss, während unten eine fröhliche Studentengruppe lärmt und sich auf die anstehenden Aktivitäten freut. Und das tue ich auch, ich spüre, wie ich langsam aufgeregt werde. Am Vormittag stehen Schlittenausflüge an, am Nachtmittag werde ich eine Schneemobiltour begleiten. Wir gehen raus und inspizieren die Schlitten. Es muss nur ein bisschen Eis von den Kufen geklopft werden, dann sind sie startklar.

Vorbereitung der Schlittenhunde-Teams

Mit der aufgehenden Sonne, die alles in Rosa und Gold strahlen lässt, macht sich auch eine gewisse Spannung breit. 59 Schlittenhundesind jetzt wach und sie lassen es uns wissen. Das Spektakel beginnt, sobald wir mit Halsbändern und Harnessen den großen Zwinger betreten. Ein ohrenbetäubendes Gebell setzt ein, die Hunde schreien und jaulen um die Wette, als wollten sie sagen: „Heute bin ich aber dran!“ Denn nicht jeder kann heute laufen, die Teams wechseln täglich. Besonders Juoksa lässt mich wissen, dass er ganz sicher ist, heute an der Reihe zu sein. Sein Weinen übertönt alles und es tut mir richtig Leid, ihn enttäuschen zu müssen! Stattdessen kommen zuerst die ganz routiniert arbeitenden Hunde wie Hyrrä, Kilimoja und Hapsu nach draußen. Sie sind Profis, gehen zum Tor, lassen sich dort das Geschirr anlegen und sobald sie am Schlitten eingehakt sind, warten sie geduldig.

Ja, solche Hunde gibt es. Und dann gibt es da…Jahken! Er ist anders. Bei ihm gab es wohl irgendeinen alaskanischen Vorfahren, er ist größer und viel flauschiger, als die Siberian Huskies, die sonst den Kennel bevölkern. Und er ist auch viel stärker und viel lauter. Sobald er aus seinem Gehege raus ist, beginnt die wilde Jagd. Zu dritt hetzen wir ihn durch den Zwinger und er hat Spaß daran uns auszutricksen und uns immer wieder zu entwischen. Irgendwann ist es so weit: Wir drängen ihn in eine Ecke, einer wirft sich auf ihn, der andere wurstet ihn ins Geschirr, der dritte presst seinen Kopf durch das Halsband!

Die Studentengruppe, die heute Ausflüge bei uns macht, guckt uns mit offenen Mündern zu. Äh, das muss so, wir quälen ihn nicht, wirklich. Ein verlegenes Lächeln, während ich das Gefühl hab, dass Jahken sich schlapp lachen würde, wenn er könnte. Ich weiß einfach, dass er das jedes Mal genießt. Ich versuche, ihn zum Schlitten zu bringen. Das heißt eigentlich, ich hoffe, dass er freiwillig hingeht. Und heute habe ich Glück, er zieht mich über den gefrorenen Innenhof und ich schaffe es, ihn schnell an der richtigen Stelle einzuhaken. Wenn das nur immer so wäre!

Mit Schlittenhunden durch die Arktis

Endlich sind alle 30 Huskies draußen und vor den richtigen Schlitten, jetzt bekommt jeder Student sein eigenes Team und unter ohrenbetäubendem Gebell eine Einführung. Die Hunde sind bereit zu laufen, sie wollen laufen und endlich, der erlösende Moment. Wir ziehen an den Anchorlines und die Schlitten schießen davon.

Es gibt keine schöneren Sekunden: Ich ziehe am Seil, sehe, wie es sich rasend schnell vom Baum abwickelt und die Schlittenhunde werfen sich ins Geschirr. Um die Kurve, den Hügel hinunter und auf’s offene Feld. Dann eine kurze Strecke durch den Wald und plötzlich fahre ich im hellen Sonnenschein durch die Arktis. Ich kann euch dieses Gefühl kaum beschreiben. Wie es ist, wenn man auf den Schlittenkufen steht, die Landschaft an einem vorbeigleitet und der Atem der Hunde wie eine Wolke über dem Gespann hängt. Der Kennel heißt Usvatanssin, auf Englisch Mistdance und das trifft es vielleicht am besten. Ich genieße es, den Schlitten um die Kurven zu kicken, die Schlittenhunde auf Finnisch anzufeuern und am Ende über den See zurückzukommen. Als Ausklang eines kleinen Abenteuers.

Hier geht es zu Teil 2 meines typischen Arktis-Tages!

Bis bald und gute Reise!

2 Comments

  • Beatrice von Reisezeilen

    Superschöner Artikel. Auf dem Hundeschlitten scheint es sich so anzufühlen, wie ich es mir vorgestellt habe. Wo genau warst Du denn?

    • Rosas Reisen

      Danke 🙂 Ich war in Korvalan Kestikievari, 60 km nördlich von Rovaniemi. Dort habe ich in einem kleinen Tourismusbetrieb geholfen. Und ich war in Nellim in der Nähe von Inari und habe da den besten Urlaub meines Lebens verbracht, das Wilderness Hotel kann ich sehr empfehlen!

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