Spitzbergen-Umrundung: Bråsvellbreen

Am frühen Nachmittag erreichen wir die gewaltige Eisfront des Bråsvellbreen – ein Anblick, der einem schon mal den Atem verschlagen kann. Die sinkende Sonne, die zu dieser Jahreszeit nie ganz untergeht, lässt das Eis leuchten.

Der Bråsvellbreen ist ein mächtiger Auslassgletscher an der Südostküste von Nordaustlandet, der zweitgrößten Insel des Spitzbergen-Archipels (Svalbard). Er gehört zur riesigen Austfonna-Eiskappe, die mit einer Fläche von etwa 8.000 Quadratkilometern zu den größten Eismassen der Nordhalbkugel zählt. Die Gletscherfront des Bråsvellbreen, die sich fast 200 Kilometer entlang der Küste erstreckt und damit eine der längsten zusammenhängenden Eiswände außerhalb der Antarktis bildet, erstreckt sich endlos vor uns, so weit das Auge reicht.

Im Sommer entstehen an dieser Abbruchkante spektakuläre Schmelzwasserfälle, die wie Vorhänge aus Eis und Wasser ins Meer stürzen. Schon frühe Arktisreisende des 19. Jahrhunderts beschrieben diese gewaltige Eisbarriere mit Staunen. Heute gilt der Gletscher als wichtiger Forschungsstandort, da seine Fließbewegungen, Kalbungsereignisse und Schmelzwassermengen wertvolle Hinweise auf die Dynamik der Austfonna-Eiskappe und die Auswirkungen des Klimawandels liefern.

Surgeereignis in den 1930ern

„Brå“ bedeutet „rasch“ oder „plötzlich“, „svell“ steht für „Anschwellen“. Zwischen 1936 und 1939 kam es hier zu einem sogenannten Surge – einem plötzlichen Gletschervorstoß, bei dem sich die Eismassen in kurzer Zeit dramatisch schnell Richtung Küste bewegten.

Langsam fahren wir mit unserem Schiff an der Gletscherfront entlang. Die Sonne bringt die feinen Farbtöne des Eises zum Leuchten: blasses Türkis, klares Weiß, stellenweise bläulich schimmernd. Immer wieder entdecken wir Wasserfälle, Höhlen und bizarre Formationen, die wie Skulpturen wirken, geschaffen von Wind, Wasser und Zeit.


Walrossliebe auf dem Eis

Auf einer Eisscholle lassen sich zwei kuschelnde Walrosse von diesem seltsamen Ding, das da vorbei schippert, zunächst nicht stören. Irgendwann wird es ihnen aber doch unheimlich und sie flüchten ins Wasser. Immer wieder entdecken wir Walrosse und andere Robben auf den umhertreibenden Schollen und das weckt natürlich Begehrlichkeiten beim König der Arktis. Zwar können wir keinen Eisbären entdecken, sehen aber seine Spuren auf einer der Schollen.

Nautisch sinnlos, aber spaßig

Gern würde ich mehr über den Bråsvellbreen schreiben, doch ehrlicherweise gibt es hier nicht allzu viele interessante Hintergrundinfos (die Glaziologen werden mich für diese Aussage steinigen). Und wenn ich ehrlich bin, dann sollte man hier vor allen Dingen eines tun: Die Klappe halten und gucken, was die Augen hergeben. Dieses überwältigende, eisige Panorama in sich aufnehmen, es aufsaugen.

Langsam gleiten wir immer weiter an der Eiskante entlang, lassen uns von immer neuen Ansichten fesseln, auch wenn es kälter und kälter wird und der Finger auf dem Auslöser der Kamera protestiert. Aber um nichts in der Welt möchte ich das hier verpassen. Der Kapitän fasst unseren Aufenthalt schließlich humorvoll und treffend mit den Worten „Was wir hier tun ist nautisch vollkommen sinnlos, aber es macht Spaß!“ zusammen.

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