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Ein Tag in der Arktis II: Schneemobil und Schlittenhunde

Die Schlitten gleiten den Hügel hinunter und ich springe mit beiden Füßen auf die Bremse. Die greift aber auf dem Eis kaum, wir werden nur wenig langsamer. Ich muss das Team um die Kurve lenken und dann schnell am Baum festbinden. Als das geschafft ist, bekommt jeder Husky eine Streicheleinheit, schließlich arbeiten sie hart, auch wenn sie ihren Job lieben. In der Ferne höre ich die Motoren der Schneemobile kanttern.

Mit dem Schneemobil in die arktische Landschaft

Für mich geht es nämlich nach nur einer Runde Schlitten weiter zum Schneemobil, denn auch da wird ein Guide benötigt. Also schnell Neoprenmaske und Helm angezogen, das Erste-Hilfe-Paket hinten rein und dann am Kabel ziehen um den Motor zu starten. Die Studenten sitzen schon alle auf ihren Maschinen und es geht sofort los. Natürlich sind alle Touristen angehalten, sich an die von uns erteilten Anweisungen zu halten. Aber ich als Guide… 🙂 Schnell fahren macht mir einfach Spaß!

Trotzdem bewegen wir uns im Normalfall nicht schneller als mit 25km/h durch die verschneite Landschaft. Es geht auf den Kayrästunturi, die höchste Erhebung im Umland, von der aus man eine grandiose Aussicht genießen kann. Ich freue mich darauf und bin in Gedanken schon oben, als plötzlich die vor mir fahrenden Schneemobile anhalten. Ich steige ab und schaue nach, ein Team ist vom Weg abgekommen und steckt fest. Jetzt bloß nicht anmerken lassen, dass ich auch noch nicht so viel Erfahrung mit den Maschinen hab! 🙂 Ich winke die anderen vorbei, setze das Schneemobil zurück und weiter geht’s. Na, das wirkte doch ganz professionell! Als wir oben sind, verschlägt der Anblick in Kombination mit der Eiseskälte einem sofort den Atem.

Der Kayrästunturi

Die Landschaft sieht aus wie eine Mischung aus Narnia und Herr der Ringe, also perfekt für meinen Geschmack. Es gibt heißen Beerensaft aus der Thermoskanne und ich verteile Kekse. Dann walte ich meines Amtes und fotografiere alle, die diesen Augenblick für die Ewigkeit festhalten wollen und dann zwingt uns die Temperatur auch schon wieder auf die Schneemobile. Die Lenkergriffe sind Gott sei Dank heizbar.

Der Rückweg läuft glatt und ich kann mich ein bisschen auf meinem Schneemobil entspannen, schließlich ist der Tag noch längst nicht vorbei. Nachdem wir zurück sind, sammle ich alle Sturmhauben und Helme ein, bringe sie zurück in den Equipment-Room und dann sind auch schon wieder die Hunde dran. Schließlich müssen sie gefüttert und die Gehege sauber gemacht werden. Eine detaillierte Schilderung dieser nicht unbedingt appetitlichen Tätigkeiten erspare ich euch, nach etwa zweieinhalb Stunden ist auch das geschafft. Eine Pause wäre jetzt schön, aber die ist noch nicht in Sicht. Erst mal schnell in die Hütte, waschen und umziehen. Wir schmeißen uns in unsere traditionelle finnische Tracht und rutschen auf den Rentier-Slippern ins Restaurant, schließlich muss alles für das Abendessen vorbereitet werden.

Abends im Restaurant

Wenn das endlich auf den Tellern der Gäste liegt, können wir uns auch etwas nehmen und eine halbe Stunde Ruhe genießen. Naja fast, die drei Kinder unserer Gastfamilie wollen uns nämlich gern von ihrem Schultag erzählen und ein Brettspiel mit uns spielen. Die Gäste wollen einfach nicht gehen, obwohl wir uns nichts sehnlicher wünschen, als endlich in unsere Hütte gehen zu können. Endlich komplimentieren Jaana und Seppo die letzten Studenten hinaus und wir können abräumen und sauber machen.

Kaum sind wir in unserem temporären zu Hause, als es an der Tür klopft. Oh nein, schießt es mir durch den Kopf. Bitte keine Aufgabe mehr für heute, ich bin platt. Und das stimmt, mir tun alle Knochen weh, ich habe Muskelkater und bin wahnsinnig müde. Aber es ist Amanda, eine der Töchter der Gastfamilie, wir sollen rauskommen, die Nordlichter sind da.

Die Aurora ist da!

Sofort ist alles andere vergessen, wir werfen uns in unsere Jacken und rennen zum See! Darauf haben wir alle gewartet. Und da sind sie! Tanzende Lichtschleier, Bänder die über den Himmel rasen. Manche sind so nah, dass man glaubt, man könne sie berühren. Auch alle Gäste sind am See, aber niemand sagt ein Wort. Alle haben den Kopf in den Nacken gelegt und starren zu den Sternen hinauf. Solche Augenblicke kann man nicht beschreiben. Momente in denen man weiß, dass man das, was sich gerade vor den eigenen Augen abspielt nie mehr im Leben vergessen wird. Herzensbilder nennt das meine Tante. Es ist -35 Grad, ich stehe mitten im Nirgendwo und sehe etwas, von dem ich mir wünsche, dass jeder das einmal darf. Man fühlt sich klein und gleichzeitig als etwas besonderes. Weil man solch ein kleines Wunder sehen darf. Und es macht einen glücklich. Es macht mich glücklich.

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One Comment

  • maschabackt

    Es mag an der Jahreszeit und dem nahenden Winter liegen, aber hauptsächlich an deinem Text, dass ich gerade auch wieder ganz große Sehnsucht nach dem Norden habe. Interessanterweise hat der heiße Beerensaft die stärkste Erinnerung an unseren Trip nach Nellim geweckt :-)…

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